Ich bin beim Junglandwirt Marian Redlich in Tietelsen, der mit seinen drei Brüdern auf dem landwirtschaftlichen Familienbetrieb großgeworden ist. Mit 18 Jahren machte er sein landwirtschaftliches Fachabitur, ging danach in die Ausbildung als Landwirt und vertiefte dies noch in seinem Studium der Agrarwissenschaften in Soest. Der Betrieb, der sich in der Nähe von Höxter befindet, wird der 28 Jährige im Sommer übernehmen. Ich spreche mit ihm über diesen großen Schritt und wie es dazu kam, dass ausgerechnet er und nicht einer seiner Brüder, den Hof übernimmt.
Der Veredelungsbetrieb ist seit 350 Jahren im Familienbesitz. Neben dem Ackerbau hat sich der Hof auf die Schweinezucht spezialisiert. Die Schweine werden zu größtem Teil aus den eigenen Erzeugnissen gefüttert.
Im Sommer übernimmst du den Hof der Familie. Hast du schon Angst davor?
Angst würde ich nicht sagen. Das ist das falsche Wort. Man hat einen riesigen Respekt vor der Verantwortung und den großen Schritt. Jetzt arbeite ich noch mit meinen Eltern zusammen, doch ab Sommer bin ich für alles verantwortlich. Als Selbständiger kann ich nicht alles abschätzen und muss dann auf die Situationen, die kommen werden, reagieren. Doch ich freue mich riesig auf die Hofübernahme und den Betrieb, der seit 350 Jahren in der Familie ist, fortzuführen.
War es für dich eine Pflicht den Hof zu übernehmen?
Ich konnte mir nie was anderes vorstellen. Ich kenne es auch nicht anders. Ich bin früher als kleines Kind immer mit im Stall gewesen und auf dem Schlepper mitgefahren. Mit etwa zehn Jahren bin ich mit auf die Felder gefahren und habe dort mitgeholfen. Das war schon immer das, worauf ich bock hatte.
Also war schon früh die Berufswahl für dich geklärt.
Ich musste mir wirklich nie die Frage stellen, was ich mal gerne später machen möchte. Von Kind an wollte ich Landwirt werden und als meine Brüder gesagt haben, dass sie nicht in die Landwirtschaft gehen möchten, war ich sehr erleichtert.
Wahrscheinlich hättet ihr euch dann um den Hof gestritten?
Ich denke nicht, denn wir hätten gemeinsam einen Weg gefunden. Der Betrieb hätte dann soweit ausgebaut werden müssen, dass zwei Familien davon leben können. Doch zum Glück mussten wir uns darum nie Gedanken machen.
Wie kann ich mir die Übernahme eines Hofes vorstellen?
Der landwirtschaftliche Kreisverband berät uns zusammen mit dem Steuerbüro. Das Ganze ist Bürokratie pur und da ist diese Unterstützung sehr wertvoll. Mein Vater geht in Rente und gibt damit seine Anteile an mich weiter. Damit bin ich dann zusammen mit meiner Mutter Gesellschafter. Sobald sie in Rente geht, bekomme ich auch ihre Anteile übertragen und werde damit Einzelunternehmer. Damit gehen die Grundstücke, Flächen und alles was zum Betrieb gehört, an mich über.
Wie tief musst du dann mit dem Thema Buchführung und Steuern vertraut sein?
Das Steuerbüro übernimmt den größten Teil der Buchführung, doch trotzdem muss ich wissen was auf meinem zukünftigen Betrieb passiert. Ich sollte daher schon Bilanzen lesen und erkennen können, wenn etwas nicht ganz richtig läuft. Ich brauche also nur ein Grundverständnis.
Was würdest du anderen empfehlen, die auch einen Hof übernehmen wollen?
Wer einen eigenen Betrieb führen will - vor allem bei den ganzen Anträgen, die gestellt werden müssen - sollte eine gute Ausbildung abgeschlossen haben. Doch das allerwichtigste dabei ist, dass man bock auf Landwirtschaft hat. Es geht eben manchmal auch an die Grenzen und wenn man dort mit einer schlaffen Einstellung rangeht, kommt man da nicht weit.
Jetzt bist du noch Angestellter am Familienbetrieb. Ändert sich für dich überhaupt nach der Übernahme etwas?
Ich habe das Glück, dass meine Eltern noch sehr aktiv im Betrieb sind. Dadurch konnte ich mich langsam mit der Vielfalt an den Aufgaben vertraut machen. Da fährt man dann zum ersten Mal mit dem Vater zum Landhändler oder sitzt bei der Buchführung erstmal daneben und versteht nichts. Doch mit der Zeit entwickelt man ein Verständnis dafür, Ideen kommen von alleine und will plötzlich etwas im Betrieb verändern. Mit der Zeit wird man sicherer und man wächst darein.
Wirst du dann hauptsächlich im Büro sitzen und nicht mehr selber auf dem Trecker?
Die Arbeit wird sich schon etwas verlagern. Die Büroarbeit wird mehr für mich, aber ganz kann ich darauf nicht verzichten. Der Betrieb ist nicht so groß, dass ich nur im Büro die Arbeit erledigen kann. Doch das möchte ich auch überhaupt nicht. Wenn ich nur noch am Schreibtisch sitzen müsste, wäre das nicht mehr die Landwirtschaft, für die ich das alles mal gemacht habe.
Du möchtest den Betrieb etwas verändern und neue Projekte anstoßen. Hast du Angst, dass deine Eltern dir dazwischenreden?
Wir werden auf jeden Fall weiter diskutieren. Das wird nicht ausbleiben und das möchte ich auch nicht. Ich kann nicht an alles denken und die Erfahrung meiner Eltern können den Betrieb weiter bereichern. Streit wird hier nicht ausbleiben. Doch es ist ein Prozess mit Reibungspunkten. Wichtig ist, dass sich der Betrieb positiv weiterentwickelt.
Was genau hast du dir vorgenommen?
Ich möchte unser Dorf mehr in die Landwirtschaft und den Alltag einbinden. Ich könnte mir vorstellen eine Webcam im Stall zu installieren, damit die Leute sehen können was dort passiert. Ich möchte transparenter werden und den Leuten grundsätzlich einen Einblick geben.
Ich habe Respekt vor der Verantwortung die du übernimmst. Findest du nach der Übernahme überhaupt noch die Zeit um mal Urlaub zu nehmen?
Meine Lebensgefährtin und ich achten beide darauf, dass wir uns immer wieder Zeit nur für uns nehmen. Ich habe das Glück, dass wir einen sehr guten Azubi haben und zur Not sind meine Eltern noch da, die für die Zeit aushelfen können. Wir müssen uns dort einfach gut absprechen.
Was wünscht du dir für den Hof in der Zukunft?
Ich möchte den Hof ständig weiterentwickeln und an oberster Stelle steht, dass ich damit meine Familie ernähren kann. Der große Wunsch ist, dass später meine eigenen Kinder den Hof weiterführen. Sie müssen das allerdings nicht, da ich auch weiß welche Einschränkungen ein landwirtschaftlicher Betrieb für das eigene Leben birgt. Das kann ich niemanden aufzwingen. Ich freue mich riesig auf die Übernahme im Sommer und bin gespannt, wie sich der Hof weiterentwickeln wird.
Ich habe großen Respekt vor Marian, der mit der Übernahme noch mehr Verantwortung bekommt und als Selbstständiger schauen muss, dass der Familienbetrieb zukunftssicher wird. Ich persönlich sehe den Generationenwechsel aber auch als große Chance, denn es hat sich in der Gesellschaft, aber auch Landwirtschaft schon viel verändert. Die Leute wollen wissen woher ihre Lebensmittel kommen und die junge Generation ist dabei dem nachzukommen. Wie Marian bestätigt, möchte er vor allem Transparenz reinbringen und für mehr Verständnis sorgen. Ich drücke ihm dabei die Daumen und bin auf die Entwicklung des Familienbetriebes sehr gespannt!